Heiko Böhmer: Der Blick zurück macht Hoffnung

Heiko Böhmer · Uhr
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Wenn die Stimmung schlecht ist, helfen oft Statistiken weiter. Schon Mark Twain wusste: „Geschichte wiederholt sich nicht – aber sie reimt sich.“ Und daher lohnt es sich genauer hinzuschauen, wie sich denn die Börsen in der zweiten Jahreshälfte nach einem massiven Absturz in den ersten 6 Monaten entwickelt haben. Tatsächlich ging es dabei oft deutlich nach oben.

Das zeigen Daten für den Dow-Jones-Index aus den USA. Nach einem Halbjahr mit einem Verlust von 15 Prozent und mehr kam es im folgenden Halbjahr mit einem Verhältnis von 4:1 zu einem positiven zweiten Halbjahr. Dabei lag der durchschnittliche Gewinn in den positiven Halbjahren bei 16,7 Prozent. Folgte ein negatives Halbjahr, lag der Verlust nur noch bei 5,8 Prozent.

Nun agieren wir alle nicht im luftleeren Raum und das gilt auch für die Börsen. Insofern sind saisonale Muster an den Börsen nicht immer sehr aussagekräftig. Schauen wir nur auf den Juni zurück: In der langfristigen Statistik gehört der Juni zu den stärkeren Börsenmonaten. In diesem Jahr haben viele Indizes jedoch 10 Prozent und mehr an Wert verloren. Der DAX ist hierfür nur ein prominentes Beispiel mit einem dramatischen Monatsverlust von 11 Prozent. Das war der schwächste Juni in der DAX-Historie.

Wenn die Fed die Zinsen nicht weiter anhebt…

Also muss der Blick tiefer gehen. Was sind denn die Faktoren, die in den kommenden Monaten das Potenzial haben, die Börsen wieder anzutreiben? Hier steht ganz klar die Rolle der US-Notenbank im Fokus. Derzeit schränken die US-Währungshüter nicht nur die Liquidität ein. Derzeit heben die Währungshüter auch die Zinsen massiv an – zuletzt erst um 75 Basispunkte. Das war immerhin der größte Zinsschritt seit 28 Jahren in der wichtigsten Volkswirtschaft der Welt. Die Einschränkungen der Liquidität und die steigenden Zinsen lasten auf den Finanzmärkten. Es muss also zu einer erneuten Wende der Geldpolitik kommen, bevor es an den Märkten wieder besser wird. In der Praxis würde das bedeuten: Keine weiteren Zinsanstiege und wieder mehr Liquidität.

Das klingt in diesen Tagen zwar noch sehr unwahrscheinlich. Doch bei der dynamischen Verschlechterung der konjunkturellen Aussichten ist es eben auch gut möglich, dass die US-Notenbank rasch wieder den zuletzt eingeschlagenen Weg verlässt und die Liquidität nicht weiter begrenzt und die Zinsen anhebt.

… kann das die Börsen deutlich anschieben

Börsen bilden eben nicht die Gegenwart ab. Das Geschehen an den Finanzmärkten gibt die Einschätzung der Lage auf Sicht von drei bis sechs Monaten wieder. Und in diesem Zeitraum ist eine solche Kehrtwende der US-Notenbank doch denkbar. Was das für die Börsen bedeutet, ist auch klar: ein frischer Liquiditätsschub durch die wichtigste Notenbank der Welt würde viel Druck von den Börsen nehmen und die Kurse erst einmal klar antreiben.

Dennoch ist es für Euphorie noch viel zu früh. Das zeigt der Blick auf die Geschichte von Bärenmärkten. Hier gibt es gut dokumentierte Daten für den Dow-Jones-Index in den USA. In der folgenden Übersicht ist klar erkennbar, dass Bärenmärkte oft zwei massive Korrekturen für die Börsen gebracht haben. Tatsächlich gab es immer wieder kurzfristige Erholungsphasen in Bärenmärkten. Diese Bärenmaktrallys geben oft falsche Signale, bevor es dann noch einmal in einer zweiten Phase zu einem massiveren Ausverkauf wie in der ersten Phase des Bärenmarktes kommt. Maximale Abschläge von 35 bis 40 Prozent hat es in vielen historischen Bärenmärkten gegeben - damit wäre noch deutlich Luft nach unten.

Quelle: Heiko Böhmer

Grundsätzlich bleibt die Möglichkeit einer positiven Trendwende an den Märkten auf jeden Fall für das zweite Halbjahr bestehen. Dabei könnten drei Ereignisse den Ausschlag geben. So würde eine begründete Aussicht auf wieder rückläufige Inflationszahlen in den kommenden Monaten sicher den Märkten Rückenwind geben. Das gleiche gilt für die schon beschriebene erneute Kehrtwende in der Zinspolitik der FED als notwendige Maßnahme in Zeiten einer abstürzenden Konjunktur. Und dann wäre da noch ein überraschender Waffenstillstand im Ukraine-Krieg als positiver Kurstreiber für die Börsen.

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