Heiko Böhmer: Negative Realrendite – so verlieren Anleger dauerhaft Geld

Heiko Böhmer · Uhr
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Die Phase der deutlich steigenden Aktienindizes ist erst einmal vorbei. Viele Indizes sind sogar schon im Bärenmarkt und haben somit von ihrem Hoch schon mehr als 20 Prozent eingebüßt. Dennoch bleiben Aktien in Zeiten hoher negativer Realrenditen weiterhin das Investment der Wahl.

Beim langfristigen Blick auf die Finanzmärkte hat eine Anlageklasse ganz klar die Nase vorn: Aktien. Das verdeutlicht die Entwicklung des maßgeblichen US-Index S&P 500 im Vergleich zu Anleihen im Zeitraum von 1926 bis Ende 2021. Aktien erzielten hier einen durchschnittlichen Wertzuwachs von 10,45 Prozent. Im Vergleich dazu brachten Anleihen langfristig nur etwas mehr als 5 Prozent. Hinzu kommt noch ein weiterer wichtiger Faktor: Der Kaufkraftverlust basierend auf der Inflation betrug knapp 3 Prozent pro Jahr. Die Folgen sind massiv: Ausgehend von einem Startkapital von 100.000 Euro sorgt eine Inflation von 3 Prozent in 10 Jahren für einen Kapitalverlust von rund 25 Prozent.

Hohe Inflation sorgt für massiven Kaufkraftverlust

Bezogen auf die aktuell deutlich höheren Inflationsraten ist der Kaufkraftverlust um ein Vielfaches höher. Bei einem Startkapital von 100.000 Euro und einer Inflationsrate von 8 Prozent sackt die Kaufkraft in nur 3 Jahren um rund 20 Prozent ab. Nun ist es wohl eher unwahrscheinlich, dass wir auf Sicht der nächsten drei Jahre dauerhaft so hohe Inflationsraten haben werden. Doch zur Verdeutlichung der aktuell angespannten Lage ist das Beispiel dennoch aussagekräftig.

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Hier spielt nun eine zweite Tatsache eine große Rolle: Entscheidend bei der Beurteilung der aktuellen Chancen verschiedener Anlageklassen ist die Realrendite – die derzeit im negativen Bereich liegt und in der Spitze schon Werte von über -7 Prozent erreicht hat. Kurz zur Erklärung: Bei der Berechnung der Realrendite wird von der Rendite von 10-jährigen Bundesanleihen die aktuelle Inflationsrate abgezogen. Im Normalfall liegt die Realrendite im positiven Bereich. Anleger können dann mit Bundesanleihen immerhin das Kapital real erhalten – wenn auch keine hohen Renditen erzielen. Doch die Abbildung zeigt ganz klar: Schon seit einigen Jahren notiert die Realrendite immer wieder im negativen Bereich. Hier verlieren Anleger Geld und das Tag für Tag.

Fakt ist auch: Einen so hohen negativen Wert hat es seit langer Zeit nicht mehr bei der Realrendite gegeben. Das zeigt deutlich die große Bedeutung von Aktien an, denn im langfristigen Durchschnitt brachten Aktien – wie schon gezeigt – rund 10 Prozent Rendite pro Jahr und waren somit in der Lage selbst einen so großen negativen Wert bei der Realrendite auszugleichen.

10-Jahresbilanz Aktien: Überdurchschnittliche Gewinne für Indizes

Nun blicken Aktien auf ein erfolgreiches Jahrzehnt zurück. In den Jahren zwischen 2011 und 2021 lag die durchschnittliche Jahresrendite beim S&P 500 schon bei annähernd 15 Prozent. Anleihen hingegen hatten ein unterdurchschnittliches Jahrzehnt mit einem Zuwachs von rund 3 Prozent pro Jahr. Gleichzeitig fiel allerdings auch der Kaufkraftverlust mit nur 2,2 Prozent deutlich unterdurchschnittlich aus. Ein Zustand der sich jetzt klar geändert hat.

Nach den überdurchschnittlichen Zuwächsen auf Indexebene hat es zuletzt schon eine Trendwende gegeben: Etliche Indizes – ob in Europa mit dem DAX oder in den USA mit dem Russel 2000 befinden sich schon im Bärenmarkt. Diese Abwärtsmärkte sind definiert als eine Korrektur, die mehr als 20 Prozent unter dem zuletzt erreichten Hoch liegt.

Zudem wurden Ende 2021 die breiten Finanzmärkte zuletzt von immer weniger Aktien oben gehalten. In der Fachsprache heißt das dann: Die Marktbreite hat nachgelassen. Tatsächlich hat sich das exemplarisch am S&P 500 Index gezeigt: Dort haben die TOP 5 Titel, zu denen Apple, Amazon oder auch Microsoft gehören, zuletzt eine Gewichtung von annähernd 25 Prozent gehabt.

Aktienselektion rückt in den Fokus

Wenn jedoch das Potenzial der großen Indizes eingeschränkt ist, kommt der Aktienselektion die entscheidende Bedeutung zu: Das Stockpicking, also die spezifische Auswahl von Einzeltiteln, ist hier das zentrale Element. Dieser Strategie folgen wir schon seit Jahrzehnten und werden das auch weiterhin tun, um so mittel- bis langfristig aktienmarktähnliche Renditen mit deutlich geringeren Schwankungen zu erzielen. 

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