ROUNDUP: Eurozone wächst im Frühjahr - Inflation geht weiter zurück

dpa-AFX · Uhr

LUXEMBURG (dpa-AFX) - Die Wirtschaft der Eurozone hat im Frühjahr einen Gang hochgeschaltet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg im zweiten Quartal zum Vorquartal um 0,3 Prozent, wie das Statistikamt Eurostat am Montag in Luxemburg nach einer ersten Schätzung mitteilte. Im ersten Quartal hatte das BIP stagniert, im Schlussquartal 2022 war es sogar um 0,1 Prozent geschrumpft. Volkswirte hatten im Schnitt ein Wachstum von 0,2 Prozent erwartet.

Obwohl der Euroraum eine technische Rezession gerade so vermeiden konnte, hat sich die Wirtschaft im Winter schwach entwickelt. Dass der Wirtschaftsraum im Frühjahr Fahrt aufnimmt, liegt aber nicht an Deutschland: Die größte Volkswirtschaft der Eurozone stagnierte von April bis Juni. Noch schlechter lief es in Italien, wo das BIP um 0,3 Prozent schrumpfte. Für Wachstum sorgten Frankreich und Spanien, die um 0,5 und 0,4 Prozent wuchsen. Besonders stark expandierte mit 3,3 Prozent die irische Wirtschaft, allerdings ist deren Wachstum durch Sondereffekte regelmäßig überzeichnet.

Die Inflation im Euroraum geht unterdessen weiter zurück, allerdings vor allem aufgrund statistischer Basiseffekte. Im Juli erhöhten sich die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr um 5,3 Prozent - nach 5,5 Prozent im Vormonat, wie Eurostat mitteilte. Es ist die niedrigste Inflationsrate seit Anfang 2022. Im vergangenen Jahr war die Inflation infolge des Ukraine-Kriegs zeitweise zweistellig gewesen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) stemmt sich seit Sommer 2022 mit kräftigen Leitzinsanhebungen gegen die hohe Teuerung. In den vergangenen 12 Monaten hat sie ihre Leitzinsen um insgesamt 4,25 Prozentpunkte angehoben. Der weitere Kurs ist aber unklar, in der vergangenen Woche hat die Notenbank ihre Geldpolitik eng an die wirtschaftliche Entwicklung gebunden.

Mit besonderem Interesse verfolgt die EZB die Kerninflation abzüglich schwankungsanfälliger Preise für Güter wie Energie, da sie die Kernrate als aussagekräftiger für die Inflationsentwicklung einstuft. Im Gegensatz zur Gesamtinflation ging die Kernteuerung im Juli nicht zurück, sie stagnierte auf dem Vormonatswert von 5,5 Prozent. Zwar erhöhten sich die Preise von Industriewaren nicht ganz so deutlich wie im Vormonat, im großen Dienstleistungssektor beschleunigte sich aber der Preisauftrieb.

In anderen Bereichen schwächte sich der Preisauftrieb jedoch ab: Lebens- und Genussmittel waren zwar immer noch 10,8 Prozent teurer als ein Jahr zuvor, der Trend zeigt allerdings weiter nach unten. Die Energiepreise sanken erneut deutlich um 6,1 Prozent, nachdem sie vor einem Jahr drastisch gestiegen waren. Der aktuell starke Rückgang trägt zu dem statistischen Basiseffekt bei, der die Gesamtinflation im Vorjahresvergleich drückt.

Das Inflationsziel der EZB von mittelfristig zwei Prozent für die Eurozone wird allerdings nach wie vor klar überschritten. Analysten erwarten, dass die Gesamtinflation im zweiten Halbjahr weiter fallen wird. Die Kerninflation aber wird voraussichtlich nur langsam zurückgehen. Die Volkswirte von Pantheon Macroeconomics weisen auf die hartnäckige Inflation im Dienstleistungssektor hin. Sie rechnen deshalb mit einer weiteren Zinsanhebung der EZB im September nach der Sommerpause.

Ähnlich sieht es Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank: "Bis September, wenn die EZB das nächste Mal tagt, wird sich die Teuerungssituation nicht so deutlich verändert haben, dass bereits eine Pause gerechtfertigt werden könnte." EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte in der vergangenen Woche eine Festlegung vermieden und sowohl eine weitere Zinsanhebung als auch eine Zinspause als Möglichkeit genannt. Mit Blick auf die Entscheidung im September sprach sie von einem "entschiedenen Vielleicht"./bgf/jsl/jha/

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